Heimatmuseum Hornburg
... mehr als ein Museum
  • Fassade /Henning Meyer
  • Kräuterfrauen /Henning Meyer
  • Wohnstube /Beate Ziehres
  • Nähzimmer /Beate Ziehres
  • Wurstekammer /Henning Meyer
  • Schlafzimmer /Henning Meyer
  • Schlafzimmer /Henning Meyer

Das Biedermeierhaus 

ist eine Außenstelle des Heimatmuseums, die am 17.04.1976 eingeweiht wurde, und befindet sich im Burggraben unterhalb der Burgmauer. 

Das Haus enthält eine vollständig eingerichtet Kleinbürgerwohnung aus der Zeit der Jahrhundertwende. Im Erdgeschoss befinden sich Küche, Waschhaus und Wohnstube. Im ersten Stock sind außer dem Schlafzimmer eine Nähstube und die Wurstkammer. Auf dem ein Meter breiten Hof steht noch das damals übliche Trockenklosett. Dahinter ragt die zehn Meter hohe Burgmauer empor. 

Erbaut wurde das Haus in der Biedermeierzeit um 1800. Es ist mit Möbeln aus der Gründerzeit eingerichtet. Im Schein der Petroleumlampen können sich die Besucher in diese Zeit versetzen. Elektrisches Licht und fließendes Wasser gibt es nicht im Biedermeierhaus. 

Das Haus ist liebevoll mit Möbeln aus der Gründerzeit eingerichtet und wurde über 30 Jahre von Frau Ilse Zakravsky betreut. Frau Zakravsky gab jedem Besucher gern Auskunft über das Haus. Leider musste sie zum Ende des Jahres 2013 aus Altersgründen diese Arbeit aufgeben und ist mittlerweile verstorben. Das Biedermeierhaus wird nun von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern des Museumsteams betreut, die während der Saison von April bis Ende Oktober für die Besucher da sind.


Der Eintritt im Biedermeierhaus ist frei. Der Verein freut sich jedoch über eine Spende zum Erhalt des Biedermeierhauses.

Eine Erzählung aus der Zeit von Dr. Gustav Füllner

ALS NOCH DER DRESCHFLEGEL KLANG
Von Dr. Gustav Füllner
Oft denke ich so in meinen Gedanken, sagte Tante Hannchen, den Kindern, die heute bei elektrischem Licht groß werden, kann der Weihnachtsbaum wohl gar nicht so strahlend und wunderbar erscheinen, wie uns in meiner Jugend. Wir kannten als Kinder nur die Rüböllampe und die gab kein sehr helles Licht, wenn wir zu Hause auch schon gereinigtes
Öl brannten. Petroleumlampen kamen auf dem Lande erst nach dem Kriege 1870 nach und nach auf. Da war dann vor Weihnachten ein großes Freuen auf die strahlende Helle des Lichterbaumes. Der Weihnachtsbaum kostete in meiner Jugend einen  Groschen, und wie viel Freude kam dafür, ins Haus! Als Fuß diente ein einfaches Holzkreuz, so reich verzierte Füße wie heute gab es noch nicht. Aber die Lichter waren viel schöner als jetzt. Sie wurden vom gelben Wachsstock geschnitten und unmittelbar auf die Zweige geklebt. Wenn sie angezündet wurden duftete das ganze Haus. Als Schmuck kam bei uns nur Zuckerwerk an den Baum, das zum Teil mit Likör gefüllt war. Die Zuckerringe wurden von Frauen mit Kiepen herumgetragen und auf den Höfen verkauft. Erst als ich ungefähr 20 Jahre alt war, kam Baumschmuck auf, der nicht essbar war und von Jahr zu Jahr aufgehoben wurde. Weihnachtsgeschenke brachte der Botenmann mit. Regelmäßige Fahrgelegenheit gab es damals noch nicht, da mussten weite Wege zu Fuß gemacht werden. Das wollte schon was heißen, die Straßen waren damals noch nicht so gut wie heute und ich meine es hätte damals viel mehr geschneit als in den letzten Jahren. Der Botenman Böhrig und seine Schwester Hanne konnten nicht lesen und schreiben, sie brachten aber alles pünktlich und richtig mit. Wenn etwas bestellt wurde, dann sagten sie nur: „He!" und das hießt:„ Wird besorgt“. Weil es nicht viel Verbindung zur Außenwelt gab, war auch die Unterhaltung anders als heute. Wochentags abends kamen im Winter die jungen Mädchen des Dorfes auf einem Hofe zusammen und spannen. Solch ein Spinnstubenabend war recht gemütlich. In der Mitte der Stube hing an der Decke ein Ölkrüsel, um ihn herum saßen die Mädchen und ließen die Räder schnurren. Wenn es 9 geschlagen hatte, kamen die jungen Leute und wollten die Mädchen abholen. Dabei wurde viel gelacht und gealbert. Zuletzt nahmen die jungen Leute die Spinnräder ihrer Liebsten und karrten die Räder wie Schubkarren nach Haus. Vor Weihnachten kamen auch die halbwüchsigen Jungen zur Spinnstube, die sich als „Kläuse" verkleidet hatten. Meist hatten sie sich ein Hemd übergezogen und eine Larve vors Gesicht gebunden. Jeder hatte eine Rute in der Hand, mancher wohl auch einen Sack mit Äpfeln über der Schulter. Die Mädchen wurden dann zum Artig sein ermahnt, auch wurde allerhand Unsinn getrieben. Bei uns zog der Großspänner sich einmal auch ein Hemd über und jagte die ganze Gesellschaft mit der Peitsche aus der Stube, als der Übermut zu groß wurde. Wir Kinder lagen dann schon im Bett, freuten uns auf Weihnachten und horchten halb selig, halb ängstlich auf die geheimnisvollen Vorbereitungen um uns herum. An den Abenden vor dem Feste fuhr der Weihnachtsmann durch das Dorf, ganz deutlich hörten wir das Peitschenknallen und Schlüsselklingeln bis in unseren Kinderschlaf hinein. Und dann kam das Fest. Der Weihnachtsbaum strahlte und duftete, und alle freuten sich über ihre Geschenke. Dabei wurde nicht viel Geld für die Geschenke ausgegeben. Unsere Leute bekamen zu Weihnachten Honigkuchen, Nüsse und einen blanken Taler. Auch wir Kinder waren nicht sehr verwöhnt, nur auf Puppen legte unsere Mutter großen Wert. Die Puppenkleider wurden von der Dorfschneiderin genäht, aber ganz nach der „ großen Mode" zugeschnitten. Wenn es auch nicht viele Geschenke gab, so waren wir doch glücklich und zufrieden. Für uns Kinder war nicht der Wert der Geschenke das Wichtigste, sondern die Stimmung, die über dem Fest lag. Ruhige, schöne Tage brachte die Weihnachtszeit. Herrlich schmeckten uns die Äpfel und die Nüsse, und von dem Festtagskuchen ließen wir nicht viel übrig Dabei gab es Kuchen in Hülle und Fülle, 15 Bleche Zuckerkuchen hatte unser Mutter mit den Mädchen vom Backhaus herangebracht. Auch sonst wurde mit Süßigkeiten an den Festtagen nicht gespart. Zum Frühstück machte mein Vater selbst Honigkuchenkaltschale, für die Knechte kam ordentlich Schnaps hinein, für uns Kinder nur Braunbier, damit wir es auch vertragen konnten. Uns Kindern konnte es so leicht nicht genug Süßigkeiten geben, den Knechten wurde es aber bald zu viel, am 2. Festtage verlangten sie zumeist schon wieder „ein richtiges Brot“. Den Erwachsenen fehlte an den Festtagen auch bald ihre gewohnte Beschäftigung. Unsere Großmutter, war immer froh, wenn Weihnachten vorüber war. Andere Zeit strickte sie nämlich den ganzen Tag; wenn sie rechtsherum strickte, schüttelte sie den Kopf, linksherum nickte sie, so konnte man von hinten immer sehen, wie herum sie strickte. In der Weihnachtswoche durfte aber nicht gestrickt werden, „weil sonst die Schafe hinkten!" Gesponnen wurde sowieso an Sonn- und Festtagen nicht, das war Alltagsarbeit. Unser Vater sah es nicht gern, dass unsere Mädchen viel spannen, sie sollten lieber beim Dreschen helfen. Er wollte auch, als der Zuckerrübenanbau aufkam, lieber Rüben als Flachs anbauen. Unsere Mutter wollte ihren Töchtern aber gern eine große Aussteuer mitgeben, deshalb war sie für das Spinnen, jede Tochter sollte doch recht viel „im Koffer" haben, so mussten dann die Männer meist allein dreschen. Nach Weihnachten klappten überall auf den Scheunendielen die Dreschflegel, das war die Musik, die zum Winter dazugehörte. Vor meiner Zeit fing .das Dreschen schon um 4 Uhr morgens bei Laternenlicht an, die Laterne stand in einem kleinen Ausbau der Scheunenwand, wie man ihn jetzt manchmal an alten Scheunen noch sieht. Nach ein paar Stunden gab es Erbsensuppe, manche Bauern gaben auch nur Mehlsuppe. Unsere Leute fingen wohl um 6 Uhr an, nachdem sie Kaffee getrunken hatten. Bei uns gab es schon Kaffee, meine Mutter war nicht bei Suppe groß geworden, sie war aus der Nähe von Braunschweig, da waren die Bauern feine Leute. Um 12 Uhr wurde Mittag gegessen, um 3 Kaffee getrunken. Mit dem Glockenschlag 7 kam die Abendmahlzeit auf den Tisch, meist gab es Pellkartoffeln mit Speckstippe- oder Suppe mit Brot hinterher. Nur wenn Schlachtefest war, war die Zeiteinteilung anders. Dann wurde um 11 Uhr gefrühstückt und das Mittagessen überschlagen, am nächsten Tage gab- es um 11 Uhr Mittag aber kein Frühstück. Schlachtefest war für uns Kinder Immer eine aufregende Sache. Das Rennen und Laufen, das Kochen und Schmecken war zu schön. Wenn wir schlachteten, kamen die Tagelöhnerkinder zu uns, und wenn die Tagelöhner schlachteten, steckten wir unsere Nase bei ihnen in die Tür. Die Leute ließen sich das gern gefallen, denn mein Vater hatte ihnen überhaupt .erst Ställe bauen lassen, dass sie sich richtig Vieh halten konnten. Die meisten Tagelöhner lebten damals sehr, sehr einfach. Eine Stube, eine Küche, .eine Schlafkammer, das war das ganze Reich. In der Kammer lagen die Kartoffeln unter dem Bett, damit' sie nicht erfroren. Andere Vorräte hatten die Leute kaum. Von einer Familie weiß ich noch, dass sie in der Stube hinter der Küche eine Kuh stehen hatten. Wenn diese.„ Kuhstube" ausgemistet wurde, musste der Mist durch die Küche getragen werden, und wenn die Kühe einmal wechselten, dann wurde der Stolz der Familie vorsichtig durch die ganze Wohnung geführt. Ja, das waren noch wirklich „Haustiere"! Als mein Vater den Junkernhof pachtete, sorgte er gleich dafür, dass die Wohnungen besser wurden. Die Leute bekamen statt des Steinfußbodens Dielen in die Stuben, und an die Häuser wurden Ställe angebaut. AIs die Wohnungen zurechtgemacht waren, sah es in ihnen sauber und freundlich aus. Fleißige, saubere Menschen wohnten in ihnen. Und wenn die Leute den Weihnachtsbaum auf die Kommode stellten, rote und weiße Pfefferkuchen an die Zweige hängten und die Lichter anzündeten, dann zogen Weihnachtsfreude und Weihnachtsfrieden in die Herzen ein, tiefer empfunden vielleicht als in den vornehmsten Palästen.

Autor: Dr. Gustav Füllner
Titel: Heimatbuch für den Landkreis Wolfenbüttel 1977 / 23. Jahrgang / Hg.: Landkreis Wolfenbüttel
Verlag: Hans Oeding Schöppenstedt





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